LEMMI

Das neue Forschungsgebäude für Mensch, Maschine und Umwelt

„Lübeck Environment for Minds and Machines in Interaction“

An der Universität zu Lübeck entsteht mit LEMMI ein Forschungsbau, der Psychologie, Neurowissenschaften, Informatik, Robotik und Ethik räumlich zusammenführt. Hier wird erforscht, wie Menschen mit intelligenten Technologien interagieren – von der Sinneswahrnehmung bis zu gesellschaftlichen Prozessen.

Es ist ein toller Erfolg für die Forschungsinfrastruktur Schleswig-Holsteins, dass es – gerade in Zeiten knapper Haushaltsmittel – gelungen ist, einen weiteren, überregional bedeutsamen Forschungsbau nach Lübeck zu holen. Mit seinem Schwerpunktthema ,Interaktion von Mensch und Maschine‘ trifft der Forschungsbau nicht nur den Puls der Zeit, sondern findet auch in Lübeck geeignete Anknüpfungspunkte mit dem 2023 gegründeten KI-Transfer-Hub SH und dem KI-Anwendungszentrum SH.

Karin Prien, Ministerin für Allgemeine und Berufliche Bildung, Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Schleswig-Holstein (23.04.2024)

Was ist LEMMI?

LEMMI ist ein Forschungsgebäude mit 3.000 m² Nutzfläche und einem Fördervolumen von rund 64 Mio. Euro (Förderphase 2025–2030, getragen von Bund und Land Schleswig-Holstein, nach Art. 91b), eingeworben im kompetitiven Verfahren des Wissenschaftsrates.

Sein Ziel ist es, eine Forschungsumgebung zu schaffen, in der die Grundlagen „Hybrider Intelligenz“ untersucht werden können: die tiefe Verzahnung von menschlichem Erleben und Handeln mit technischen Systemen. LEMMI ist damit ein Ort, an dem neurowissenschaftliche, psychologische und algorithmisch-technische Ansätze in enger Nachbarschaft aufeinandertreffen.

Forschungsschwerpunkte

In diesem Forschungsfokus geht es um die Schnittstellen zwischen biologischen und künstlichen Systemen. Sensorik und Handlungssteuerung sind grundlegende Prozesse, die sowohl Menschen als auch Maschinen befähigen, sich in der Welt zu orientieren und zu agieren. LEMMI untersucht, wie Wahrnehmung und Handlung technisch unterstützt und erweitert werden können – und wie technische Systeme ihrerseits von biologischen Vorbildern lernen. Beispiele sind Cochlea-Implantate, die den Hörsinn wiederherstellen, künstliche Netzhäute für Sehbehinderte oder Prothesen, die durch neuronale Signale gesteuert werden. Auch Roboter, die lernen, menschliche Bewegungen und Sinnesleistungen nachzuahmen, gehören in dieses Forschungsfeld. Ziel ist ein vertieftes Verständnis dafür, wie Mensch und Maschine in der sensorisch-motorischen Interaktion voneinander profitieren können – sei es zur Unterstützung von Menschen mit Einschränkungen oder zur Weiterentwicklung intelligenter künstlicher Agenten.

Künstliche Intelligenz ist längst Teil sozialer Situationen – sei es in der Zusammenarbeit mit Chatbots, in der Teamarbeit mit KI-gestützten Systemen oder in der Interaktion mit virtuellen Agenten. Dieser Forschungsfokus untersucht, wie sich soziale Dynamiken verändern, wenn Maschinen mit am Tisch sitzen. Vertrauen, Rollenverteilung, Kooperation und Konfliktbewältigung sind klassische Themen der Psychologie, die in LEMMI auf die neue Realität hybrider sozialer Umgebungen übertragen werden. Beispiele reichen von virtuellen Teams, die über Ländergrenzen hinweg zusammenarbeiten, bis hin zu klinischen Szenarien, in denen KI-Systeme diagnostische Entscheidungen unterstützen. Die Forschung fragt: Wie verändert sich unser soziales Miteinander, wenn Maschinen als gleichwertige Partner oder Moderatoren auftreten? Und wie lassen sich diese Veränderungen so gestalten, dass sie menschliche Autonomie und Wohlbefinden stärken?

Die Interaktion von Mensch und Maschine betrifft nicht nur Individuen oder kleine Gruppen, sondern prägt zunehmend ganze Umwelten und Gesellschaften. Dieser Forschungsfokus richtet den Blick auf die Makroebene: Wie verändern Smart Cities, digitale Gesundheitssysteme oder Arbeitswelten die sozialen Strukturen, in denen wir leben? Hybride Umwelten entstehen dort, wo technische Systeme dauerhaft mit menschlichen Lebensbereichen verflochten werden – ob in der Verkehrssteuerung, in der medizinischen Versorgung oder in der Organisation von Bildung. LEMMI will verstehen, welche Chancen und Risiken daraus entstehen: Fördern hybride Umwelten Teilhabe und Gesundheit, oder verstärken sie bestehende Ungleichheiten? Wie lassen sich technische Systeme so gestalten, dass sie menschliche Werte reflektieren? Die Forschung in F3 verbindet gesellschaftswissenschaftliche Perspektiven mit empirischen Methoden, um diese großen Fragen nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch zu beantworten.

Querschnittsbereiche: Methoden und Perspektiven

Die Arbeit in LEMMI wird von mehreren Querschnittsbereichen getragen, die die Forschungsfoki miteinander verbinden:

  • Methoden & Technologien: LEMMI setzt auf eine außergewöhnliche Bandbreite an Verfahren – von hochauflösender Bildgebung (EEG, MEG, fMRI) über Virtual und Augmented Reality bis zu interaktiven Robotiksystemen. Labore sind so gestaltet, dass menschliche und künstliche Agenten gemeinsam getestet werden können.
  • Ethik & Gesellschaft: Jede Forschung zu hybrider Intelligenz muss die sozialen, ethischen und historischen Dimensionen reflektieren. In LEMMI werden diese Fragen gleichberechtigt mit den empirischen Arbeiten verfolgt.
  • Translation & Transfer: Ein Kernziel ist die Überführung von Grundlagenwissen in konkrete Anwendungen – von „Health AI“ im Klinikalltag bis zu neuen Formen digitaler Kooperation in Arbeits- und Bildungskontexten.
     

Das Gebäude

LEMMI ist mehr als ein Forschungsbau – es ist eine Forschungsumgebung, die den Dialog zwischen Mensch und Maschine architektonisch ermöglicht. Die Raumphilosophie folgt dem Prinzip „in dialogue by design“: Räume sind so gestaltet, dass sie zugleich für menschliche wie für künstliche Akteure nutzbar sind. Ein Auditorium ist nicht nur Vortragssaal, sondern zugleich Messraum. Besprechungsräume können zu Beobachtungs- und Ableitungsräumen umfunktioniert werden. Labore sind modular aufgebaut, damit Forschung auf Mikro-, Meso- und Makroebene nahtlos zusammengeführt werden kann. Sicherheit, Flexibilität und Interaktion stehen im Mittelpunkt: Das Gebäude muss es erlauben, dass Menschen und Roboter sich darin gleichermaßen bewegen, experimentieren und lernen können. LEMMI wird damit selbst zu einem Beispiel für hybride Intelligenz – ein Raum, in dem das Zusammenwirken von biologischen und künstlichen Systemen nicht nur erforscht, sondern im Alltag gelebt wird.

Förderung

Der Wissenschaftsrat hat das beantragte Vorhaben "LEMMI" nach den in seinem Leitfaden zur Begutachtung von Forschungsbauten festgelegten Kriterien bewertet, und in der Förderphase 2025 wurde eine Förderhöchstsumme von 63,6 Millionen € für den Forschungsbau zugesprochen. Die Kosten tragen dankenswerterweise das Land Schleswig-Holstein und der Bund (Bundesministerium für Forschung, Transfer, und Raumfahrt) gemeinsam.

Kontakt

Referat Kommunikation und Pressearbeit
+4945131010presse@uni-luebeck.de
Univ-Prof. Dr. Enno Hartmann
Vizepräsident Bau und Forschung MINT
+4945131014100enno.hartmann@uni-luebeck.de
Univ-Prof. Dr. Jonas Obleser
Sprecher
+4945131013620jonas.obleser@uni-luebeck.de